Schweiz: Verkaufsverbot für Aqua Kem Blue – was Camper jetzt wissen müssen
Seit Jahrzehnten gehört sie zum festen Inventar unzähliger Wohnmobile und Wohnwagen: die blaue Sanitärflüssigkeit, die unangenehme Gerüche in der Toilette zuverlässig beseitigt.
Produkte wie Aqua Kem® Blue oder Aqua Kem® Green von Thetford gelten als Klassiker – fast jeder Camper kennt sie. Doch ab 1. Januar 2026 ist in der Schweiz Schluss damit: Der Verkauf und die Verwendung dieser Produkte wird untersagt. Der Grund liegt im Biozidrecht – und hat weitreichende Folgen für Handel und Verbraucher.
In diesem Artikel erfährst du alles über den Hintergrund des Verbots, die rechtlichen Grundlagen, was das für dich als Camper bedeutet und welche umweltfreundlichen Alternativen du aktuell schon nutzen kannst.
Inhalt
- 1 Warum Aqua Kem Blue in der Schweiz verboten wird
- 2 Was sind Biozidprodukte überhaupt?
- 3 Der rechtliche Hintergrund: Warum Thetford keine Zulassung hat
- 4 Was bedeutet das konkret für Camperinnen und Camper?
- 5 Was droht bei Verstössen?
- 6 Alternative Sanitärzusätzen ohne Bronopol – umweltfreundliche und wirksame Eigenschaften
- 7 Umstieg richtig gemacht: Kassette reinigen und umstellen
- 8 Ein Umdenken in der Campingwelt
- 9 Was Camper jetzt tun sollten
- 10 Fazit: Verbot mit Signalwirkung
Warum Aqua Kem Blue in der Schweiz verboten wird
Die Entscheidung betrifft nicht nur ein einzelnes Produkt, sondern gleich mehrere Sanitärzusätze der beliebten Toilettenzusätze von Thetford – darunter:
Aqua Kem Blue Concentrated
Aqua Kem Blue Concentrated Lavender
Aqua Kem Blue Concentrated Eucalyptus
PowerPods Blue
Der Grund für das Verbot liegt im Bestandteil Bronopol. Dabei handelt es sich um einen antimikrobiellen Wirkstoff, der in vielen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln eingesetzt wird. Bronopol wirkt gegen Bakterien und Mikroorganismen – genau das, was die Flüssigkeit in der Campingtoilette leisten soll.
Doch: Bronopol gilt als Biozidwirkstoff. Damit fällt das Produkt unter die Biozidprodukte-Verordnung (VBP), die in der Schweiz den Umgang mit solchen Stoffen streng regelt. Die Entscheidung basiert also nicht auf einer kurzfristigen Mode oder einem ökologischen Trend, sondern auf den rechtlichen Eigenschaften dieser chemischen Verbindung.
Was sind Biozidprodukte überhaupt?
Biozide sind chemische oder biologische Wirkstoffe, die dazu bestimmt sind, Schadorganismen zu bekämpfen, abzuschrecken oder unschädlich zu machen. Sie finden sich in zahlreichen Alltagsprodukten – von Desinfektionsmitteln über Holzschutzmittel bis hin zu Anti-Schimmel-Sprays.
Um sicherzustellen, dass solche Produkte keine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt darstellen, müssen sie zugelassen werden. Diese Zulassung ist an strenge Prüfverfahren geknüpft, in denen die Wirksamkeit, Umweltverträglichkeit und gesundheitlichen Auswirkungen des Produkts überprüft werden.
In der Schweiz ist die Zulassung von Biozidprodukten in der Verordnung über Biozidprodukte (VBP; SR 813.12) geregelt. Zuständig für die Umsetzung ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und der Eidgenössischen Koordinationsstelle für Chemikalien (EKOH).
Der rechtliche Hintergrund: Warum Thetford keine Zulassung hat
Damit ein Produkt mit biozidem Wirkstoff in der Schweiz verkauft oder eingesetzt werden darf, muss der Hersteller eine nationale Zulassung beantragen – oder eine gegenseitige Anerkennung eines EU-Zulassungsverfahrens gemäss dem Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA).
Im Fall von Aqua Kem Blue hat der Hersteller Thetford jedoch keine solche Zulassung beantragt. Damit fehlt die rechtliche Grundlage für den weiteren Vertrieb in der Schweiz.
Nach Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2025 ist das Produkt somit nicht mehr verkehrsfähig – das heisst: Es darf weder verkauft noch verwendet werden.
Viele Händler reagieren aktuell bereits auf die Situation und verkaufen ihre Restbestände ab oder haben den Verkauf eingestellt, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Was bedeutet das konkret für Camperinnen und Camper?
Ab dem 1. Januar 2026 dürfen Produkte wie Aqua Kem Blue oder Aqua Kem Green in der Schweiz nicht mehr verkauft oder angewendet werden.
Noch nicht abschliessend geklärt ist die Frage der privaten Einfuhr – also ob Camper, die das Produkt beispielsweise in Deutschland kaufen, es weiterhin im eigenen Wohnmobil verwenden dürfen, solange sie sich auf Schweizer Boden befinden. Hier wird es voraussichtlich eine klare Regelung durch die Behörden geben, da der Einsatz von nicht zugelassenen Bioziden auch für Privatpersonen bußgeldbewehrt sein kann.
Im Zweifelsfall ist daher Vorsicht geboten: Wer sich an die Vorschriften halten will, sollte spätestens zum Jahreswechsel auf ein zugelassenes, biologisches Produkt umsteigen.
Was droht bei Verstössen?
Gemäss der Chemikalienverordnung (ChemV) und der VBP gilt das Inverkehrbringen oder Anwenden eines nicht zugelassenen Biozidprodukts als Verstoss gegen das Chemikalienrecht.
Das kann für Händler, aber auch für Endverbraucher rechtliche Folgen haben. Je nach Schwere kann dies:
Bußgelder nach sich ziehen,
oder im Extremfall als Übertretung des Umweltschutzgesetzes (USG) geahndet werden.
Auch der Import solcher Produkte kann problematisch sein, da bereits das Einführen eines nicht zugelassenen Biozids als „Inverkehrbringen“ gelten kann. Wer also ein paar Flaschen aus dem Ausland mitbringt, riskiert einen Verstoss – selbst wenn es sich nur um den privaten Gebrauch in der Toilette handelt.
Alternative Sanitärzusätzen ohne Bronopol – umweltfreundliche und wirksame Eigenschaften
Die gute Nachricht: Es gibt aktuell zahlreiche Alternativen zu Aqua Kem Blue, die biologisch abbaubar, bronopolfrei und in der Schweiz zugelassen sind.
Zu den beliebtesten Marken gehören:
Awiwa – setzt auf natürliche Mikroorganismen, die Gerüche biologisch abbauen.
Solbio – ein pflanzlich basierter Sanitärzusatz aus Belgien, der ohne Chemie auskommt.
Diese Produkte wirken auf andere Weise als klassische chemische Sanitärzusätze:
Statt Mikroben zu töten, fördern sie deren biologische Aktivität, sodass organische Abfälle natürlich abgebaut werden. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern verhindert auch Ablagerungen in Kassette und Tank.
Eine weitere positive Eigenschaft biologischer Zusätze: Sie sind oft geruchsneutral oder mit natürlichen Düften versehen und belasten die Entsorgungsstationen deutlich weniger.
Umstieg richtig gemacht: Kassette reinigen und umstellen
Wer von einem chemischen Produkt wie Aqua Kem Blue auf eine biologische Alternative umsteigt, sollte vorher unbedingt die Toilettenkassette gründlich reinigen.
Dazu empfiehlt sich:
Kassette vollständig entleeren und mit warmem Wasser ausspülen.
Mehrmals spülen, um alte Rückstände der blauen Flüssigkeit zu entfernen.
Optional: mit einer milden Essiglösung oder Zitronensäure reinigen, um Biofilmreste zu lösen.
Trocknen lassen und anschliessend mit dem neuen, biologischen Zusatz befüllen.
Nur so kann verhindert werden, dass chemische Rückstände die Wirkung der neuen Zusätze stören. Viele Camper berichten, dass der biologische Geruchsabbau erst nach zwei bis drei Anwendungen vollständig seine Wirkung entfaltet – also etwas Geduld lohnt sich.
Ein Umdenken in der Campingwelt
Das Verbot ist zwar für viele Camper zunächst ein Ärgernis – aber auch eine Chance für nachhaltiges Camping.
Denn chemische Zusätze wie Aqua Kem Blue haben nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf Kläranlagen und Entsorgungsstationen. In einigen Campingplätzen wird die Entsorgung chemisch behandelter Abwässer nur an speziellen Punkten erlaubt, während biologische Sanitärzusätze auch in reguläre Grauwasseranlagen eingeleitet werden dürfen.
Ein Wechsel auf ökologische Sanitärzusätze bedeutet daher nicht nur gesetzeskonformes Handeln, sondern auch einen Beitrag zu umweltfreundlicherem Camping.
Was Camper jetzt tun sollten
Restbestände aufbrauchen – bis Ende 2025 ist der Einsatz noch erlaubt.
Keine grossen Vorräte mehr kaufen – der Verkauf wird ab 2026 verboten.
Frühzeitig Alternativen testen, um sich an die neue Wirkung zu gewöhnen.
Toilettenkassette gründlich reinigen, bevor du umsteigst.
Informationen der Behörden verfolgen, insbesondere zur Frage der Einfuhr und Anwendung durch Privatpersonen.
Fazit: Verbot mit Signalwirkung
Das Verkaufsverbot von Aqua Kem Blue ab 2026 markiert einen wichtigen Schritt in Richtung strengerer Umwelt- und Verbraucherschutzstandards. Auch wenn viele Camper dem vertrauten „blauen Klassiker“ nachtrauern, zeigt die Entwicklung, dass Nachhaltigkeit und rechtliche Sicherheit zunehmend Hand in Hand gehen.
Wer jetzt umsteigt, profitiert nicht nur von einer rechtssicheren Lösung, sondern trägt aktiv zu einem umweltfreundlicheren Camping bei. Und vielleicht ist dieser Moment genau der richtige, um über chemiefreie Toilettenlösungen oder Trenntoiletten nachzudenken – denn auch das gehört zur Zukunft des modernen Campings.
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